Wie Mut zu Unmut führen kann
Den Fragen was Mut ist und wie wir in unserem Alltag mutiger werden können, stellten wir uns bereits in unserer Podcast-Episode «Mut – wenn etwas wichtiger ist als Angst». «Das Geheimnis der Freiheit ist Mut». Dieses Zitat von Ronald Reagan aus einer seiner Reden verdeutlicht es kurz und knapp. Wenn wir in unserem Leben mutig sind, lösen wir uns vom Gewohntem, schaffen Raum für Neues und gewinnen dadurch Freiheit. Denn meist wissen wir ganz genau, was wir gerne anders machen würden und wie wir unser Leben gestalten möchten. Auch, welche kleinen Veränderungen es für mehr Zufriedenheit brauchen würde. Oft finden wir jedoch nicht den Mut, entsprechende Entscheide zur Veränderung zu treffen. Doch, wieso ist das so? Und wieso braucht es so oft Mut, um mutig zu sein?
In der Antike nannten die Griechen Mut andreia, darin enthalten ist das Wort aner, der Mann. Es ist somit wenig überraschend, dass Mut schon früh den Männern zugeschrieben wurde, sie als stark und tapfer galten. Auch heute wird Mut noch weitgehend mit Werten wie Stärke und Tapferkeit assoziiert. Wenn jemand Zivilcourage beweist, sich gegen Ungerechtigkeit wehrt oder für Schwächere einsteht, wird er für seinen Mut gelobt und belohnt. Das Lob reicht jedoch nur so lange aus, wie Mut unseren gesellschaftlichen Werten, Normen und Weltanschauungen entspricht. Brechen wir aus diesem als «normal» geltenden Rahmen aus, wird Mut von der Gesellschaft oft nicht als solchen wahrgenommen, sondern als Unvernunft bezeichnet. Wenn wir beispielsweise unseren Job ins Blaue kündigen oder gar unser ganzes bisher aufgebautes Leben zurücklassen und auswandern, stösst dies auf Unverständnis, ja gar Verurteilung. Meist steckt jedoch nichts weiteres als Neid oder Unsicherheit gegenüber dem Mut der Verurteilten dahinter, der bei den anderen nicht vorhanden ist, aber oftmals vielleicht doch auch sehnsüchtig gewünscht wird.
Mut als Prozess lebenslangen Lernens
Mut hat viel mit Angst und Zuversicht zu tun und wird oft in der Mitte dieser beiden Gefühlszustände angeordnet. Zuversicht und somit Selbstvertrauen erlangt man, in dem man Wagnisse eingeht und diese erfolgreich meistert – oder anders gesagt: Mut besteht darin, der jeweiligen Angst liebend zu begegnen. Mut ist demnach keine eintrainierte Eigenschaft, sondern lehr- und lernbar als Prozess des lebenslangen Lernens. Er beginnt mit der Wahrnehmung, dass etwas sich für uns nicht mehr stimmig anfühlt. Und unsere innere Stimme sagt uns, dass hier eigentlich eine Veränderung notwendig wäre. Oft zeigen sich das Wie und das Warum nicht auf Anhieb, sondern entwickeln sich mit der Zeit, wenn wir uns lösungsorientiert mit der Thematik beschäftigen. Dazu braucht es Eigenzeit, Eigeninitiative und günstige Umstände. Oftmals hilft es auch, ein Vorbild zu haben, an dem wir uns orientieren können und das uns ins Bewusstsein ruft, dass wir nicht die einzigen sind, welche mutig auch gewagte Veränderungen angehen. Zudem ist es ratsam, uns immer wieder vor Augen zu führen, dass dort wo die Angst ist, der Weg liegt. Das mag unangenehm klingen, ist aber wahr: genau dort wo man zögert, liegt meist der nächste Entwicklungsschritt. Denn:
Egal wohin dein Weg dich führt und was du erreichen willst: es beginnt immer mit Mut – Mut ist der erste Schritt, den du bereits im Kopf gehst, bevor deine Beine anfangen sich zu bewegen!
- Stefan Goedecke -
Mehr Mut zur Lücke und zur eigenen Stimme haben
Mutig zu sein bedeutet somit nicht nur eine Heldentat zu begehen. Es fängt schon bei kleinen Dingen an, die eine grosse Wirkung zeigen: für sich selber, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche einstehen, diese umsetzen und so zu mehr Glück, Zufriedenheit und Lebensfreude finden. Ganz egal, ob sie der gesellschaftlichen Norm entsprechen oder nicht. In unserer Gesellschaft neigen wir stark zu Perfektionismus. Etwas unvollständig oder gar nicht zu tun braucht Mut und wäre mit Risiken verbunden – für daraus entstandene Fehler oder gar für die Entscheidung selbst müssen wir Verantwortung übernehmen und uns rechtfertigen. Also gehen wir das Wagnis lieber gar nicht erst ein. Blicken wir dann jedoch auf gefallene Entscheide zurück, waren die besten jene, bei denen wir am meisten Mut aufwenden mussten und die grössten Risiken eingingen. Ganz nach dem Motto «wer nicht wagt, gewinnt nicht», werfen mutige Entscheide nicht nur in der Wirtschaft die grössten Renditen ab, sondern auch in unserem privaten Leben. Wir können nicht immer warten, bis der perfekte Moment kommt und uns das Glück findet – manchmal müssen wir dem Perfektionismus entfliehen, den gesellschaftlich vorgegeben Rahmen verlassen und Mut zur Lücke beweisen.
Auch Mut zu unserer eigenen Stimme zu haben fällt uns im Alltag immer schwerer. Wir kommunizieren heutzutage zwar viel mehr als früher, müssen uns aufgrund der digitalen Medien seltener exponieren. Persönliche Kommunikation kann gar ganz umgangen werden und mit anonymen Profilen ist es uns möglich, Bewertungen und Kommentare abzugeben, ohne mit unserem Namen dahinter zu stehen. Denn wenn wir uns positionieren, unsere Meinung kundgeben oder etwas präsentieren, machen wir uns angreifbar. Wenn wir jedoch wirklich etwas verändern und bewirken möchten, müssen wir unseren Standpunkt auch physisch vertreten können – denn nur so verschaffen wir uns Gehör. Bereits ein simples Nein zu «das haben wir schon immer so gemacht», «das ist halt einfach so» oder «mit dem müssen wir leben», kann vieles bewirken – versuchen Sie es!
Zukunftsmut
Eine wichtige Eigenschaft, um zukünftigen Veränderungen mit Bereitschaft und Zuversicht zu begegnen sowie Innovationsfähigkeit zu erlangen, ist Zukunftsmut. Menschen mit Zukunftsmut sind zuversichtlich, sie gehen mit der Überzeugung durchs Leben, dass es viele Wege gibt, um die eigenen Ziele zu erreichen und sie diese auch finden. Ihre Widerstandskraft hilft ihnen dann, wieder auf den richtigen Pfad zu kommen und sich nicht beirren zu lassen, wenn sie mal eine falsche Abzweigung gewählt haben. Zukunftsmutige Menschen haben ihre Ziele stets vor Augen und bleiben immer optimistisch, dass sie diese erreichen. Und aufgrund ihrer Selbstwirksamkeit wissen sie, dass sie die Fähigkeiten und Ressourcen dazu haben. Zukunftsmut wirkt sich demnach auf das psychologische Wohlbefinden aus, steigert die Zufriedenheit und hilft, sich weitere wichtige Kompetenzen anzueignen. Auch hierzu haben wir übrigens eine spannende Podcast-Episode!
Verwendete Quellen:
- Perner, R. A. (2016): Mut: das ultimative Lebensgefühl. Wien: Amalthea Signum Verlag
- Naughton, C. & Steinle, A. (2019). 30 Minuten Zukunftsmut. Offenbach: Gabal Verlag GmbH