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Auf der Suche nach dem Sinn bei der Arbeit

Es ist kein neues Phänomen, jedoch ein ab der Gen­er­a­tion Y immer mehr the­ma­tisiertes in der heuti­gen Zeit: die Quar­ter­life Cri­sis. Die beina­he uneingeschränk­ten Möglichkeit­en der per­sön­lichen Ent­fal­tung lassen schi­er eine ganze Gen­er­a­tion an der Richtigkeit des (beru­flich) eingeschla­ge­nen Wegs zweifeln. Aber nicht nur jün­gere Gen­er­a­tio­nen sind davon betrof­fen: in unser­er täglichen Arbeit tre­f­fen wir immer wieder auf Per­so­n­en jeden Alters, die mit ihrer aktuellen beru­flichen Sit­u­a­tion hadern. Diese leg­en grossen Wert auf eine sin­nvolle Auf­gabe und acht­en stark darauf, dass sie im beru­flichen Kon­text ihre per­sön­lichen Werte ver­fol­gen kön­nen – auf deren Ver­let­zung reagieren sie sen­si­bel. Die Wichtigkeit von Sinn und Werten im Arbeit­skon­text hat in den let­zten Jahren einen immer grösseren Stel­len­wert ein­genom­men, für uns Men­schen ist die Iden­ti­fika­tion mit dem Job ein immer wichtiger­er Fak­tor geworden.

Die Sinnhaftigkeit in der Arbeit ist deshalb so wichtig, weil Arbeit, die als sinn­los emp­fun­den wird, krank machen kann. Dabei han­delt es sich um Arbeit, die wir eigentlich nicht tun wollen, weil wir das grosse Ganze oder unseren Beitrag dazu nicht ver­ste­hen oder gar gegen unsere per­sön­lichen Werte arbeit­en. Somit kann es dur­chaus passieren, dass ich meine beru­fliche Tätigkeit als wert­los wahrnehme. Sinnhaftigkeit ist ein Bew­er­tungskri­teri­um für eine gesund­heits­fördernde Arbeit­stätigkeit, welche zusam­men mit Vorherse­hbarkeit und Hand­hab­barkeit kom­plet­tiert wird. So erstaunt es nicht, dass der Sinn der beru­flichen Tätigkeit auf­grund Desil­lu­sion­ierung oder inner­lichem Aus­bren­nen immer häu­figer gestellt wird und die Aus­sage «Arbeit kann krank machen» teils dur­chaus Berech­ti­gung find­et. Denn der Job nimmt einen wesentlichen Teil unseres Lebens ein, weshalb wahrgenommene Sinnlosigkeit im Beruf durch man­gel­nde Wertschätzung oder Bedeu­tungslosigkeit der Tätigkeit schnell zu ein­er Sinnkrise führen kann. In ein­er inter­na­tionalen Befra­gung von über 100’000 Beruf­stäti­gen, welche Kel­ly Ser­vices durch­führte, gaben 51% der Befragten an, für mehr Sinnhaftigkeit im Job eine niedrigere Posi­tion und weniger Gehalt in Kauf zu nehmen.

Sinn erleben ist individuell

Das Sin­ner­leben ist so indi­vidu­ell wie wir Men­schen selb­st. Wenn meine Arbeit­skol­legin­nen und ‑kol­le­gen den Job für sin­nvoll hal­ten, bed­ingt dies nicht, dass ich das gle­iche empfinde. Sinnhaftigkeit ist kein Luxu­sgut, dass sich nur Gutver­di­enende leis­ten kön­nen. Denn die Iden­ti­fika­tion mit dem Beruf spielt durch alle Schicht­en hin­weg eine wichtige Rolle. Fest­stell­bar ist hinge­gen, dass sich gegenüber früher das Werte­muster in unser­er Gesellschaft etwas verän­dert hat: früher waren vor allem extrin­sis­che Werte wie Gehalt, Kar­riere oder Sta­tus hoch im Trend. Die Ansprüche an Unternehmen haben sich dies­bezüglich in den let­zten Jahren geän­dert und zie­len ver­mehrt auf intrin­sis­che Werte ab. Heute erwarten wir von einem Unternehmen sinns­tif­tende Auf­gaben, kreative Frei­heit­en und gemein­wohlo­ri­en­tierte Unternehmen­sziele. Eine per­sön­lich als sin­nvoll erlebte Tätigkeit führt dazu, dass Mitar­bei­t­ende begeis­tert sind von ihrer Tätigkeit, stolz sind dazuzuge­hören und mehr Energie für den Job aufwen­den. Die hohe intrin­sis­che Moti­va­tion führt zu vitaleren und leis­tungs­bere­it­eren Mitar­bei­t­en­den, die sich stärk­er an die Organ­i­sa­tion gebun­den fühlen. Die Arbeit­szufrieden­heit steigt, Fehlt­age und Kündi­gungsab­sicht­en nehmen ab.

Kriterien zur Sinnerfüllung bei der Arbeit

Doch, was muss nun ein Job erfüllen, damit ich sagen kann, ich kat­e­gorisiere diesen für mich per­sön­lich als sin­nvoll? Gemäss Tat­jana Schnell (Uni­ver­sität Inns­bruck) gibt es vier Ele­mente, welche einen grossen Ein­fluss auf das Sin­ner­leben bei der Aus­führung ein­er Tätigkeit haben:

  • Bedeut­samkeit: Ich weiss, dass das, was ich tue, für etwas gut ist und pos­i­tive Kon­se­quen­zen hat
  • Ori­en­tierung: Hin­ter den Zie­len, die mein Unternehmen ver­fol­gt, kann ich stehen
  • Kohärenz: Das, was ich im Beruf tue, passt zu mir und meinem Lebensstil
  • Zuge­hörigkeit: Ich bin Teil von etwas, werde als Men­sch wahrgenom­men und füh­le mich wert­geschätzt, einge­bun­den und bekomme Verantwortung

Die oben genan­nten Kri­te­rien bilden sozusagen die Basis dafür, dass ich meine per­sön­lichen Werte in Erfahrung brin­gen kann. Sinnhaftigkeit entste­ht jedoch erst dann, wenn ich diese in mein­er täglichen Arbeit auch leben kann.

Sinnhaftigkeit durch Verwirklichung der Werte

Bere­its Vik­tor E. Fran­kl (bekan­nt durch die Logother­a­pie) ver­trat die Mei­n­ung, dass Sinn im Leben dann für eine Per­son entste­ht, wenn sie ihre eige­nen Werte leben kann und beschreibt Werte deshalb auch als Ziele, die Men­schen durch ihr Han­deln anstreben.

Werte und Sinn hän­gen eng zusam­men und Sinnhaftigkeit entste­ht dem­nach, wenn durch das Tun und Wirken die eige­nen Werte ver­wirk­licht wer­den kön­nen. Wenn sich jemand sein­er Werte bewusst ist und auch deren Verän­derung im Laufe der Zeit wahrn­immt, ver­ste­ht er sich bess­er und kann Entschei­dun­gen tre­f­fen, die mit der eige­nen Per­sön­lichkeit vere­in­bar sind. Im beru­flichen Kon­text find­et jemand seinen Job dem­nach sin­nvoll, wenn er darin seine Werte ver­wirk­lichen kann. Werte kön­nen somit als eine Art Brille ver­standen wer­den, mit der wir uns selb­st, das eigene Leben und alle anderen beobacht­en. Viele sind sich jedoch über die eige­nen, inneren Werte nicht richtig bewusst und kön­nen diese nur schlecht benen­nen. Oft merken sie erst was ihnen wichtig ist, wenn die eige­nen Werte durch sie selb­st oder durch andere ver­let­zt wer­den. Wenn mir beispiel­sweise Flex­i­bil­ität, Hand­lungsspiel­raum und Eigen­ver­ant­wor­tung im Job wichtig sind, meine Arbeit­ge­berin jedoch auf starre Arbeit­szeit­en und Prozessvor­gaben sowie Micro Man­age­ment set­zt, werde ich wenig Erfolg darin haben, meine Werte zu ver­fol­gen und fol­glich Sinnhaftigkeit im Job zu finden.

Den Weg zu gehen, der sich an den eige­nen Werten ori­en­tiert oder zumin­d­est schon mal die entsprechende Rich­tung ein­schla­gen, ist oft anstren­gend und unbe­quem. Aber aus Erfahrung wis­sen wir: eine als sin­nvoll wahrgenommene Arbeit ori­en­tiert sich an per­sön­lichen Inter­essen und Werten und trägt sehr viel zu einem zufriede­nen und gesun­den Leben bei.

Möcht­en Sie sich mit Ihren Werten auseinan­der­set­zen? Wege find­en, wie Sie für sich eine sin­nvolle Tätigkeit gestal­ten kön­nen? Mit unser­er Lauf­bahn­ber­atung unter­stützen und begleit­en wir Sie Schritt für Schritt in diesem Prozess. Melden Sie sich unverbindlich bei Mar­ti­na Zeier oder Seli­na Albiss­er – gerne geben wir Ihnen weit­ere Infor­ma­tio­nen dazu.

Ver­wen­dete Quellen:

  • Schnell, T. (2016). Psy­cholo­gie des Lebens. Berlin-Hei­del­berg: Springer-Verlag.